Leuchtturmmenschen meines Lebens

Menschen, die uns begeistern, haben viel mit uns selbst zu tun. Mit jenen Charaktereigen­schaften, die wir schätzen und mit jener Fähigkeit der seelischen Widerstandskraft, die manche Menschen auszeichnet.
Menschen, die zu Vorbildern werden, berühren, begeistern und fordern uns heraus. An ihnen können wir uns orientieren. Orientierung ist etwas völlig anderes als Nachahmung. Orientierung ist einem Wegweiser ähnlich und der verlangt nicht, dass wir seinem Hinweis folgen. Er steht nur da und trägt zu unserer Orientierung bei. Da weist mich ein Name auf einen Weg hin. Bei Leuchtturmmenschen ist es ähnlich. Da leuchtet für mich „etwas auf“, ein Mensch und ein kleiner Teil seines Lebens „ergreift mich“.

Wir müssen mutig sein, wir müssen tapfer sein, aber mit hingebender Arbeit wird die Freiheit sich durchsetzen.
John F. Kennedy

Die Hände von John F. Kennedy auf der Rückseite des Buches, das mir meine Mutter geschenkt hat.

Für mich löst die Tatsache, dass ich erst elf Jahre alt war, als mich Gedanken von John F. Kennedy begeisterten, noch immer Staunen aus. Da ich im Zimmer, das ich mit meiner Mutter teilte, keine Dinge aufhängen durfte, bestückte ich die Innenseite der Türen meines Kleiderschrankes mit Bildern und Sprüchen.

Ganz bestimmt gehört die Freiheit zu den wesentlichen Werten meines Lebens. Ich habe allerdings nie an eine Freiheit ohne jede Verantwortung gedacht. Viel mehr hatte ich Ideen, die ich gerne mit anderen teilen wollte. Allerdings fand ich unter meinen Schulfreundinnen niemanden, der sich für John F. Kennedy interessierte.
Ein Jahr nach dem Tod von John F. Kennedy wünschte ich mir einen Bildband von ihm. Meine Mutter hatte für oberflächliche Bildbände nicht viel übrig und schenkte mir ein Buch mit Schwarz-Weiß-Bildern und den wichtigsten Reden von John F. Kennedy. Bis heute lese ich immer wieder darin.


Diese Autobiografie hat in meiner Bibliothek einen besonderen Platz.

Mit sechzehn begeisterte mich der Film „Rat mal wer zum Essen kommt“ und der Grund für meine Begeisterung war ein Gespräch zwischen Vater und Sohn.

Die Bürde für mich war, dass ich bestimmte Vorgaben einhalten sollte, die ich nicht verstanden habe und so dachte ich, wenn meine Mutter mit mir diesen Film besucht, dann ahnt sie etwas von jener Befreiung, die ich ihr so gewünscht habe.
Erst viele Jahre später habe ich begriffen, wie schwer es ist, gewohntes Verhalten zu ändern, obwohl man selbst erkannt hat, dass man gegen seine Bestimmung lebt.

Aufgrund der vertrauensvollen Begleitung meiner Großmutter, war mein Interesse am Geheimnis eines sinnvollen Lebens schon immer groß.
Bereits am Beginn meiner Berufstätigkeit war klar, dass das Gelingen meines Lebens niemals von mir allein abhängt.
Ja, natürlich kann ich mich bemühen und mein Bestes geben. Doch, ob es tatsächlich gelingt, dazu braucht es den Segen der guten Mächte (Dietrich Bonhoeffer) oder der geheimnisvollen Kräfte (Václav Havel).
Die Spiritualität des Ignatius von Loyola löste eine eigene Faszination in mir aus. Seine „Unterscheidung der Geister“ verstand ich, vor allem dann, wenn ich wahrgenommen habe, was das Lesen verschiedener Bücher in mir auslöst.

Ich gebe mein Bestes: Was letztlich dabei herauskommt, liegt nicht an oder bei mir. Das soziale Schicksal – wie Viktor Frankl dies nennt – der Kulturkreis, in den ich hineingeboren wurde und das Leben selbst.
Bei allen Zwischenfällen, die das Leben mir geboten hat, hatte ich reichlich Glück, dass ich so viel erleben durfte.

Mehr als vierzig Jahre später hat mir der Tyrolia Verlag angeboten, ein Buch über die Spiritualität von Ignatius von Loyola und die Sinnlehre von Viktor E. Frankl zu schreiben.



Die Bücher von Václav Havel benötigen in meinem Bücherregal viel Platz. Seine Buch „Briefe an Olga“ hat mich so berührt, dass ich mir auch seine Theaterstücke in Buchform gekauft habe und viele andere.

Bei manchen Texten dachte ich, Václav Havel muss doch Viktor Frankl gelesen haben.
„Echten Sinn findet man draußen in der Welt, dort steht er bereit und wartet auf Sie, um durch Sie erfüllt zu werden, aber in der eigenen Psyche ist er nicht zu finden.“
Viktor E. Frankl

„Die Seele braucht eben die Welt – ohne sie hat sie Leerlauf. Mich inspiriert
die Erfahrung der Welt, keineswegs das eigene Innere.“
Václav Havel





Am 19. Februar 2022 erschien in ZEIT ONLINE ein Artikel von Verena Carl.
Sie beschreibt, wie das Buch von Dietrich Bonhoeffer meine Mutter und mich auf eine einzigartige Weise verbunden hat.

„Widerstand und Ergebung“ von Dietrich Bonhoeffer gehört wohl – neben den Büchern von Viktor Frankl – zu jenen, die ich am häufigsten in die Hand nehme.
Sein Text „Von der Dummheit“ hat mich viele Male getröstet und vor übertriebenem „Helfen-Wollen“ bewahrt.


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